Verstehen und Verständlichkeit
- Analyse der ORF-Fernsehnachrichten
Eine Studie von Fessel-GfK bescheinigt den Zeit im Bild-Sendungen
ein hohes Ausmaß an Verständlichkeit. Für die überwiegende
Mehrheit der Zuseher (89 Prozent) sind die ZiB-Nachrichten gut
verständlich, nur elf Prozent haben Verständnisprobleme. Vorgestellt
wurde die Untersuchung beim Studientag des ORF-Publikumsrats zum Thema
"Sprache im ORF" am Dienstag, dem 3. Juni 2003.
Seit 1997 werden im Rahmen des ORF-Qualitätsmonitoring regelmäßig
die Hauptabendnachrichten des ORF-Fernsehens auf die Erfüllung ihres
öffentlich-rechtlichen Programmauftrages untersucht (News Monitor).
Zusätzlich zur Inhaltsanalyse der ZiB1 wurde im Jahr 2002
auch die Verständlichkeit der Sprache der Hauptabendnachrichten analysiert.
Der Untersuchungsansatz unterschied dabei zwischen VERSTÄNDLICHKEIT
(den Text und die Wort- und Satzkomplexität betreffend) und VERSTEHEN
(den Zuseher von TV-Nachrichten betreffend, sein Umfeld und Verständnis,
seine Motivation und Fernsehgewohnheiten).
Dieser Unterscheidung entsprechend dienten folgende
Untersuchungsschritte:
-
eine Repräsentativ-Umfrage zum Thema "Verständlichkeit
von Nachrichtensprache", die den Schwerpunkt hatte, festzustellen,
welche der in den TV-Nachrichten verwendeten Fremdwörter, Abkürzungen
und Fachausdrücke verstanden werden;
-
eine Textanalyse, deren Ziel es war, festzustellen, ob durch Wortwahl
(Verwendung von Fremdwörtern, Abkürzungen, Fachausdrücken,
etc.), Sprachstil (Satz- und Wortlängen, Nominalkonstruktionen),
Sprechcharakteristik (Sprechtempo) bzw. durch das Bild-Text-Verhältnis
(Unterstützung des Textes durch Bild) die Grundlage für
die Verständlichkeit von Nachrichten gegeben ist.
HAUPTERGEBNISSE:
Subjektives Verstehen
Für die überwiegende Mehrheit der Zuseher (89 Prozent) sind
die ZiB-Nachrichtensendungen verständlich. Nur elf Prozent
haben Verständnisprobleme ("teilweise schwer" bzw. "eher
schwer verständlich").
Das Verstehen der Nachrichten hängt u.a. von Alter und Bildungsniveau
ab. Sofern Verständnisprobleme vorliegen, so betreffen sie in erster
Linie ältere Personen und Personen mit geringerem Bildungsniveau.
Je geringer das Bildungsniveau, desto wichtiger sind optische Reize (Bildgestaltung)
zur Förderung des Verständnisses.
Interessante Meldungen, gute Ausdrucksweise sowie eine gute Bildunterstützung
werden als positive Faktoren genannt, die das Verstehen erleichtern. Hinzu
kommt das Themeninteresse, welches sowohl das Verstehen als auch die Erinnerungsleistung
fördert.
Häufige Verwendung von Fremdwörtern und Fachausdrücken
sowie hohes Sprechtempo und eine mangelnde Sprechtechnik wirken als Verständnisbarrieren.
Als wichtige positive Einflussfaktoren für subjektives Verstehen
wurden erhoben:
Bildunterstützung
Angemessenes Sprechtempo
Klarer Sprechstil
Als wichtigste negative Einflussfaktoren, die subjektives Verstehen erschweren,
wurden genannt:
Komplexe Themen
Beiträge mit zu vielen Zahlen
Unklarer, uneindeutiger Sprechstil
Zu viele Fremdwörter/Fachausdrücke
Verständlichkeit
Generell liegt der Texttypus "Nachrichtensprache" zwischen wissenschaftlicher
Sprache und Umgangssprache.
Der Prozentsatz der Fremdwörter - definiert als alle Wörter,
die einen lateinischen, griechischen, romanischen oder englischen Wortstamm
haben - war mit etwa fünf Prozent relativ hoch. Der Anteil an Fachausdrücken
betrug 1,4 Prozent, jener der Abkürzungen 1,1 Prozent und jener der
Anglizismen 0,7 Prozent.
Die Textbewertung nach der Wiener Sachtextformel zeigt, dass die ZiB1
eher Verständnisprobleme auslöst als die ZiB2. (Dies
ist allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass die ZiB1 ein
breiteres Spektrum an Zusehern aufweist als die ZiB2.)
Verstehen und Verständlichkeit
Die Verständlichkeit und Verstehbarkeit
von Nachrichten ist nicht nur eine Funktion der Textstruktur, sondern
hängt stark von Eigenschaften der "Sender" (Qualität
der Moderatoren, Sprecher) und "Empfänger" (die Seher,
ihre Fähigkeiten und Interessen) ab.
Sowohl im Hinblick auf das VERSTEHEN als auch hinsichtlich der VERSTÄNDLICHKEIT
sind die ZiB Nachrichtensendungen positiv zu werten. Es treten
kaum Verständnisprobleme auf, obwohl sich die Nachrichtensprache
(noch) von der Umgangssprache unterscheidet.
Sofern es zu Verständnisproblemen kommt, sind spezifische Segmente
der Bevölkerung davon betroffen, nämlich Personen höheren
Alters und geringerer Bildung.
Die vorhandene Komplexität und Schwierigkeit der zu verkündenden
Texte wird vielfach durch sprachliche Qualitäten der ORF-Sprecher
und Moderatoren kompensiert.
Siehe auch: Studientag des ORF-Publikumsrats
- Sprache im ORF
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